Mit dem wachsenden Umfang und der zunehmenden Komplexität der Steuergerätesoftware in den letzten Jahren ist das Verständnis der Signalflüsse und Abhängigkeiten in der Steuergerätesoftware zu einer zunehmend schwierigen und zeitaufwändigen Aufgabe geworden. Im Bereich der Steuergeräte-Applikation nutzen viele Automobilhersteller ETAS EHANDBOOK als eine Form der interaktiven Dokumentation, die es ihnen ermöglicht, ein besseres und schnelleres Verständnis für die Funktionsweise der Steuergerätesoftware zu erlangen. Zwei Nutzerinnen und Nutzer von Audi, Christophe Fauqueux und Patrick Nohe, sowie ETAS-Experte Christoph Nissle erläutern in diesem Artikel, wie EHANDBOOK die tägliche Arbeit effizienter gestalten kann.
Hintergrund
In den letzten Jahren haben sowohl der Umfang als auch die Komplexität der Steuergerätesoftware für den Antriebsstrang beständig zugenommen. Dieser Trend wird nicht nur durch die Zunahme der Steuergerätefunktionen, sondern auch durch die Steuergerätekonnektivität und die zunehmende Elektrifizierung und Hybridisierung vorangetrieben. Eine Vielzahl von Fahrzeugmodellen und -varianten hat zudem zu einem stetigen Anstieg des Applikationsaufwands geführt. Es gibt eine Vielzahl von Anwendungsfällen, die jeweils ein detailliertes Wissen über die Funktionsweise der Steuergerätesoftware erfordern, weshalb eine entsprechende Dokumentation notwendig ist. Das dafür notwendige Wissen wird von Funktions- und Softwareentwicklungseinheiten bereitgestellt. Neben der Dokumentation für eigenentwickelte Steuergerätesoftware benötigt Audi auch für zugekaufte Softwarekomponenten eine entsprechende Dokumentation, die vom jeweiligen Lieferanten zur Verfügung gestellt werden muss.
Ein Schritt über das Standard-PDF-Format hinaus
PDF-Dokumente haben sich im Laufe der Zeit als De-facto-Format für die Dokumentation von Steuergerätesoftware in der Automobilbranche etabliert. Da das Volumen der Dokumentation jedoch immer weiter anstieg, wurde dieses Dateiformat zunehmend unüberschaubar. Eine der größten Herausforderungen ist das gleichzeitige Arbeiten mit mehreren PDF-Dateien, zumal der Inhalt eines jeden Dokuments in der Regel sehr umfangreich ist und die Dateien in der Regel mehrere tausend Seiten umfassen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die einzelnen PDF-Dokumente nicht miteinander verlinkt sind, was die Navigation insgesamt erschwert. Die wichtigsten Inhalte - grafische Darstellungen der Steuergerätesoftware in Form von Screenshots der ASCET- oder Simulink®-Modelle - sind auf mehrere Einzelseiten im A4-Format verteilt. Dies erschwert die Verfolgung der Signalwege und macht es für Nutzerinnen und Nutzer zeitaufwändig, ständig von einer Seite zur nächsten zu blättern.
Vorteile
bis zu 80 % Zeitersparnis
50% schnelleres Verständnis der ECU-Funktionen
75 % weniger Zeitaufwand für die Fehlersuche
EHANDBOOK bei Audi: ein Standardwerkzeug im Entstehen
Die EHANDBOOK-Lösung von ETAS bietet einen neuen Ansatz für die Steuergeräte-Dokumentation (Abb. 1). Viele Nutzerinnen und Nutzer haben die Vorteile und das Potenzial von EHANDBOOK schnell erkannt: Durch die integrierte grafische Visualisierung aller Funktionen der Steuergerätesoftware in Form von interaktiven Modellen hilft es Nutzenden oder Nutzerinnen und Nutzern, Abhängigkeiten schneller zu verstehen und vereinfacht die Verfolgung von Signalwegen. Dank der nahtlosen Interoperabilität mit den ETAS-Mess- und Applikationswerkzeugen INCA und MDA 8 unterstützt EHANDBOOK auch Standard-Workflows. Audi hat EHANDBOOK im Jahr 2015 an die hauseigene Steuergerätesoftware angepasst. Seitdem wurde die Lösung in zahlreichen Applikationsprojekten eingesetzt und hat sich als Standardwerkzeug etabliert.
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Signifikante Zeitersparnis in typischen Anwendungsfällen
Als langjährige Nutzerinnen und Nutzer verfügen Christophe Fauqueux und Patrick Nohe aus dem Audi-Werk Neckarsulm über umfangreiche Erfahrungen im täglichen Umgang mit EHANDBOOK. Die Arbeit der beiden Kalibrierungsexperten ist in den letzten Jahren immer komplexer geworden, insbesondere durch die Einführung neuer Antriebsstranglösungen bei Audi. Patrick Nohe arbeitet an immer neuen und modifizierten Hybridantriebsfunktionen und muss sich in jede neue Entwicklung einarbeiten. Christophe Fauqueux arbeitet in Zusammenarbeit mit anderen Experten an der Entwicklung der Brennstoffzelle. Ihr Ziel ist es, diese Technologie zu einer serienreifen Lösung zu entwickeln. Dazu muss die Technologie von Grund auf neu entwickelt und kalibriert werden.
Ein viel schnellerer Weg zum Verständnis der ECU-Funktionen
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Ein grundlegendes Verständnis ist der Schlüssel, um sich mit den Steuergerätefunktionen vertraut zu machen. Mit seiner benutzerfreundlichen Oberfläche und den lückenlosen grafischen Übersichten der Steuergerätesoftware sorgt EHANDBOOK für die nötige Klarheit. Hilfreich ist unter anderem die funktionsübergreifende Darstellung, die einzelne Steuergerätefunktionen in einem Gesamtzusammenhang zeigt. Dies erleichtert es, die Herkunft bestimmter Signale zu identifizieren und festzustellen, welche Funktionen davon betroffen sind, auch bei der Suche über mehrere Softwarekomponenten hinweg, die von internen Entwicklungsabteilungen oder externen Zulieferern separat erstellt wurden (Bild 2).
Im Vergleich zur bisherigen Arbeitsweise mit PDF-Dateien können sich Nutzerinnen und Nutzer mit EHANDBOOK bis zu 50 Prozent schneller in die Steuergerätefunktionen einarbeiten und bis zu 75 Prozent schneller die Signalherkunft identifizieren.
Eine viel schnellere Möglichkeit, Messsignale und Kalibrierungsparameter zu finden
Ingenieure müssen häufig Informationen über die Bedeutung von Messsignalen und die Werte von Kalibrierungsparametern nachschlagen. Ein großer Vorteil von EHANDBOOK ist der schnelle Zugriff auf die relevanten Informationen. In einem typischen Verfahren, bei dem das INCA-Experiment geöffnet werden muss, um die Daten anzuzeigen, spart EHANDBOOK den Nutzenden oder Nutzerinnen und Nutzern viel Zeit und ermöglicht es ihnen, die Arbeit in nur 25 Prozent der Zeit zu erledigen, die sie normalerweise benötigen würden.
"Man muss nicht lange suchen, denn die Zusammenhänge zwischen den Berechnungen sind sofort ersichtlich.
Eine viel schnellere Möglichkeit, die Ursachen von Fehlern zu ermitteln
Oft verhält sich Steuergerätesoftware während des Entwicklungsprozesses nicht so, wie sie sollte. Die Fehlerursachen sind vielfältig, und Experten argumentieren, dass der Versuch, die Ursachen während der Kalibrierung zu identifizieren, eine von Natur aus schwierige Aufgabe ist. "Man begibt sich jedes Mal auf unbekanntes Terrain", sagt Christophe Fauqueux. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurden EHANDBOOK-NAVIGATOR und MDA 8 so konzipiert, dass sie nahtlos zusammenarbeiten können. Dank der leistungsstarken Messtechnik (FETK) können die Ingenieure eine sehr große Anzahl von Signalen auf Testfahrten messen. Die Messdatendatei wird in den MDA 8 geladen und der Zeitstempel, zu dem der Fehler aufgetreten ist, wird mit dem Cursor markiert. Dieser Zeitstempel wird direkt in EHANDBOOK übertragen und die Messwerte entlang des Signalpfades werden mit einem Kommentar versehen. Anhand des Signals, bei dem der Fehler beobachtet wurde, kann dann die gesamte Kette der von der Software durchgeführten Berechnungen und Entscheidungen nachvollzogen werden. "Man muss nicht lange suchen, denn die Zusammenhänge zwischen den Berechnungen sind sofort ersichtlich", sagt Christophe Fauqueux. Das reduziert den Zeitaufwand für die Fehlersuche um bis zu 75 Prozent.
Ein viel schnellerer Weg zum Verständnis der Interaktionen zwischen Funktionen
Sehr oft ist es notwendig, Funktionen zu kalibrieren, die sowohl von verschiedenen internen Entwicklungsabteilungen als auch von externen Lieferanten stammen. In solchen Fällen wird die entsprechende Dokumentation für jede Funktion separat bereitgestellt. "Der Versuch, aus mehreren PDF-Dokumenten den Gesamtzusammenhang zu erfassen, ist eine sehr mühsame Aufgabe. Hier profitieren wir von der Fähigkeit von EHANDBOOK, mehrere EHANDBOOK-Dateien zu laden und zu konsolidieren", so die Audi-Experten. Durch die Verknüpfung all dieser Dateien in einer einzigen, zusammenhängenden Übersicht können funktionsübergreifende Abhängigkeiten klar und transparent dargestellt werden. Dies führt zu einer Zeitersparnis von 20 bis 80 Prozent, je nach Projektphase und Qualität der Inhalte (Abb. 3).
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Zusammenfassung
Nutzende oder Nutzerinnen und Nutzer von EHANDBOOK können von einer erheblichen Zeitersparnis profitieren. Ein besseres Verständnis der Steuergerätesoftware kann auch dazu beitragen, Fehler zu vermeiden, was zu einer entsprechenden Verbesserung der Qualität der Kalibrierungsergebnisse führt.
Audi Experten gestalten die weitere Entwicklung mit
Für Patrick Nohe und Christophe Fauqueux ist eines der wichtigsten Merkmale von EHANDBOOK die Möglichkeit, die Steuergerätesoftware in grafischer Form darzustellen. Durch die lückenlose Darstellung der Signalpfade über die Steuergerätefunktionen hinweg werden die Zusammenhänge viel leichter verständlich. EHANDBOOK bietet in diesem Bereich noch weiteres Verbesserungspotenzial, zum Beispiel im Hinblick auf das Speichern und Weiterleiten von Modellansichten. Experten werden daher auch in Zukunft die Weiterentwicklung von EHANDBOOK unterstützen und ihre Expertise und ihr Feedback im Rahmen von Nutzerinnen und Nutzern sowie der Konzeptvalidierung einbringen. Neben der Anwendung von EHANDBOOK auf klassische Antriebsstrang-Steuergeräte setzt Audi EHANDBOOK nun auch in anderen Bereichen ein. Auch andere Zulieferer stellen nach und nach EHANDBOOK-Containerdateien zur Verfügung.
Befragte
Christophe Fauqueux ist Experte für die Entwicklung von Kalibrierungs- und Brennstoffzellenfunktionen bei der Audi AG.
Patrick Nohe ist Experte für die Kalibrierung des Fahrverhaltens von V-Dieselmotoren bei der Audi AG.
Christoph Nissle ist Senior Produktmanager bei der ETAS GmbH. Er ist verantwortlich für die EHANDBOOK-Lösung.
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